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Am Buß- und Bettag sind die Menschen aufgerufen, einen Moment innezuhalten.
Die Protestanten haben am Mittwoch in Deutschland den Buß- und Bettag begangen. Der badische evangelische Landesbischof Ulrich Fischer rief zu gerechteren Lebensverhältnissen auf. Christen müssten wachsam sein, wenn Maßstäbe eines gerechten Lebens verletzt werden, sagte Fischer bei einem Gottesdienst in Freiburg laut Predigtmanuskript. Der Buß- und Bettag sei deshalb "ein Warntag vor einem besinnungslosen und tödlichen 'Weiter so'".
Christen sollten sich für alle einsetzen, denen das Nötigste zum Leben fehlt und die in großer Not Zuflucht suchen, wie etwa die Flüchtlinge aus Syrien oder die gestrandeten Flüchtlinge von Lampedusa, sagte Fischer. Der Einsatz für Gerechtigkeit sei gefordert, wenn es nicht einmal heißen solle "zu spät", betonte der Landesbischof.
Der rheinische Präses Manfred Rekowski warb für eine "Ökumene der Umkehr". Der Bußtag erinnere daran, dass Umkehr nicht nur für den einzelnenen Menschen, sondern auch für Kirchen möglich sei, sagte Rekowski laut Redemanuskript in seiner Predigt am Mittwochabend im Trierer Dom. "Wir tragen Verantwortung für die Geschichte unserer Kirchen", unterstrich der leitende Repräsentant der zweitgrößten der 20 evangelischen Landeskirchen.
Kirchenhass als Trendsportart
Kirchenhass ist nach Auffassung der Bremer Pastorin Jeannette Querfurth in der Gesellschaft "längst zur Trendsportart" geworden. Die Kirchen reagierten darauf eher zurückhaltend, kritisierte die evangelische Theologin in einem Radiogottesdienst zum Buß- und Bettag aus Bremen. Sie sollten angesichts ihres Engagements in der Gesellschaft "Duldungsstarre und vornehme Zurückhaltung" aufgeben und ihre Überzeugungen offensiver vertreten.
Debatten um das kirchliche Arbeitsrecht, um Bischofssitze, Tanzverbote am Karfreitag, Staatsleistungen und Kirchensteuern spülten eine Menge Wut und Häme an die Oberfläche, zählte Querfurth auf. Kaum jemand verteidige die Kirchen. "Wer es wagt, steht sehr schnell im eiskalten Wind boshafter Kommentare." So kochten auf der einen Seite Wut und Spott hoch, auf der anderen Seite herrsche relative Ruhe. Den Kirchen gingen Mitglieder, Ansehen und Glaubwürdigkeit verloren.
Über Fehler nachdenken
Für den niedersächsischen Landtagspräsidenten Bernd Busemann (CDU) ist der Buß- und Bettag ein Tag zum Innehalten und Meditieren. Es gehe darum, sich zu sammeln und über Fehler nachzudenken, sagte Busemann der "Neuen Presse" in Hannover (Mittwoch). "Mit dieser Fassung von Buß- und Bettag kann ich auch als Katholik gut leben."
Busemann hatte in der vergangenen Woche gemeinsam mit der evangelischen Regionalbischöfin Ingrid Spieckermann (Hannover) dafür geworben, den Buß- und Bettag oder den Reformationstag (31. Oktober) zum gesetzlichen Feiertag zu machen. Niedersachsen sei mit neun arbeitsfreien Feiertagen im Jahr bundesweit Schlusslicht, sagte Busemann. In Bayern gebe es 13 Feiertage.
Gesetzlicher Feiertag nur in Sachsen
Die ARD übertrug den diesjährigen Gottesdienst zum Buß- und Bettag aus dem sächsischen Panitzsch bei Leipzig. Anfang des 16. Jahrhunderts im mittelalterlichen Straßburg offiziell eingeführt, wurde der Buß- und Bettag 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer in Sachsen als gesetzlicher Feiertag ersatzlos gestrichen. Die evangelische Kirche bezeichnet die Abschaffung bis heute als Fehlentscheidung.
Beckstein will Bußtag als Feiertag zurück
Der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) wünscht sich den Buß- und Bettag als arbeitsfreien gesetzlichen Feiertag zurück. Der Tag tue dem Land gut, sagte er am Mittwoch in Emden dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es sei wichtig, "einen Tag zu haben, an dem wir darüber nachdenken, wo wir stehen, welche Probleme es gibt und welche Aufgaben wir für die Zukunft haben". Es sei ein Fehler von Politik und Kirche gewesen, den Buß- und Bettag als Gegenleistung für die Einführung der Pflegeversicherung zu opfern, sagte Beckstein, der auch Vizepräses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Selbstkritisch fügte er hinzu, er habe seinerzeit als bayerischer Innenminister daran mitgewirkt.