Filmpreis für Interreligiösen Dialog an "Philomena"

Roter Teppich

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"Philomena" erhält den Filmpreis für Interreligiösen Dialog auf der Biennale Venedig 2013

Filmpreis für Interreligiösen Dialog an "Philomena"
Bei den Filmfestspielen in Venedig vergibt "Interfilm", ein Zusammenschluss verschieneder Kirchen und Kulturschaffender, einen Preis an Filme, die sich um den interreligiösen Dialog verdient machen. Dieses Jahr geht der Preis an "Philomena", nach einer wahren Geschichte einer Mutter, der irische Nonnen ihr Kind wegnahmen und die trotzdem nicht ihren Glauben verliert und einem atheistischen Journalisten, der eigentlich nur eine Geschichte brauchte. Ein Interview mit dem Jury-Vorsitzenden, dem Frankfurter Pfarrer Werner Schneider-Quindeau.

Sie haben sich in den vergangenen Tagen über 20 Filme angesehen. Am Ende vergeben Sie und Ihre Jury-Kollegen den Filmpreis für Interreligiösen Dialog an "Philomena“. Warum dieser Film?

Werner Schneider-Quindeau: "Philomena“ ist an sich ein Dialog, ein Dialog zwischen einer streng katholischen, irischen Dame und einem Atheisten, der der Kirche mehr als skeptisch gegenübersteht.

Der Film beschreibt - ganz grob - die Suche einer Mutter nach ihrem Kind.

Schneider-Quindeau: "Philomena" ist so viel mehr! Eine fantastische Judy Dench spielt die Hauptrolle. Damals in den 50er Jahren, kam sie als 16-Jährige in ein Heim für "gefallene Mädchen“, geleitet von irischen Nonnen. Die war es es auch, die ihr den Sohn wegnahmen und gegen ihren Willen nach Amerika zur Adoption verkauften. 50 Jahre später nagt an ihr doch die Frage, was mit ihrem Jungen geschehen ist. Also macht sich Dench auf Spurensuche, begleitet von einem Journalisten (gespielt von Steve Coogan), der diese Story eigentlich nur an die Boulevard-Presse verkaufen will.

Was finden die beiden?

Schneider-Quindeau: Ihre Suche führt sie nach Amerika. Dort finden Mutter und Journalist heraus, dass der Sohn Karriere gemacht hat als Abgeordneter für die republikanische Partei, im Repäsentantenhaus saß und als Mitarbneiter von Präsident Reagan gearbeitet hat.

Und in Washington fallen sich Mutter und ihr verlorener Sohn in die Arme und lebten glücklich bis ...

Schneider-Quindeau: Der Sohn ist schon lange an Aids gestorben. Er war schwul. Und die Mutter trifft nur noch auf seinen Lebensgefährten, der ihr seine Geschichte erzählt. Ein schwuler Konservativer, eine streng katholische Mutter. Auch hier spielt "Philomena“ ein Hohelied auf die Toleranz.

Wie steht es mit der Toleranz der Titelheldin gegen die katholische Kirche, die ihr das Kind damals wegnahm?

"Mit Vergebung gegen Niedertracht und Lügen"

Schneider-Quindeau: Auch das ist wunderbar mitanzusehen. Der atheistische Journalist erwartet stets Wut und Hass von Seiten der Mutter gegen die kalte Kirche, oder wenigstens die verbrecherischen Nonnen im Heim. Sie trifft auf Lügen, Niederstracht und Widerstände – und verzeiht. Sie hält fest an ihrem Glauben und Respekt vor Nonnen und Priestern.

Steve Coogan als Martin Sixsmith und Judi Dench als Philomena Lee in einer Szene des Films "Philomena" (undatierte Filmszene)

Da ist auch noch die dritte Seite, der Journalist und Atheist, verkörpert vom bekannten Filmkomiker Steve Coogan.

Schneider-Quindeau: "Philomena“ ist ein sehr bewegender Film. Er ist keineswegs ein antireligiöser Feldzug gegen die katholische Kirche. Frears - als der großartige Erzähler, der er ist - richtet seinen Fokus auf Dench und Coogan, auf diese zwei Seelen. Dieses "Duell“ zwischen irischer Omi und abgeklärtem Journalist steht im Zentrum des Films. Und das spiehelt wunderbar die Realität. Denn nicht nur die Religionen untereinander müssen im Dialog stehen, sondern die Religionen auch mit denen, die nicht glauben. Sich auf diesen Dialog einzurichten, ist die Herausforderung der Kirchen. In Frankfurt, wo meine Gemeinde liegt, ist die Hälfte der Einwohner nicht gläubig. Die Hälfte! Mit diesen Menschen in einen Dialog zu treten, damit sind alle Religionen konfrontiert. Am Ende sollte auf beiden Seiten Respekt stehen. 

Wo stehen die Mutter und ihre Begleitung, der Journalist am Ende ihrer Reise?

Schneider-Quindeau: Wieder in Irland. Im Garten des Heims, in dem alles begann und wo die Wege von Mutter und Sohn so grausam getrennt wurden. Dort im Klostergarten liegt der Sohn begraben, der sich schwerkrank kurz vor seinem Tod mit wenigen Informationsbruchteilen über seine Herkunft, aufgemacht hat, seine Mutter zu suchen. Doch selbst in dieser Situation verweigerten die Nonnen ihm jegliche Auskunft zu seiner Mutter.

INFO: "Philomena" ab 27. Februar 2014 in den deutschen Kinos.

Interfilm ist das internationale Netzwerk für den Dialog zwischen Kirche und Film. Es fördert das Verständnis der ästhetischen, spirituellen und sozialen Bedeutung des Kinos in der Kirche und engagiert sich für die Wahrnehmung von Kirche, Theologie und Religion in der Filmkultur.

Die Präsenz auf internationalen Filmfestivals durch eine eigene kirchliche Jury gehört zu den zentralen Aufgaben von Interfilm. Die Jurys verleihen einen Preis an Filme, die sich durch künstlerische Qualität auszeichnen, die eine dem Evangelium entsprechende menschliche Haltung und Aussage zum Ausdruck bringen oder zur Auseinandersetzung damit anregen und den Zuschauer für spirituelle, gesellschaftliche und soziale Fragen und Werte sensibilisieren.